Das Islandpferdegstüt der Familie Von der Waydbrink habe ich über das Internet entdeckt, als ich auf der Suche nach interessanten FÖJ Einsatzstellen war. Schon die Internetpräsenz gefiel mir sehr gut. Da ich zuhause bei unseren Islandpferden bereits mit der altklassischen Reitweise von Philippe Karl in Kontakt gekommen bin, interessierte mich der Hof ganz besonders. In der Islandpferdeszene findet man sowas ja eher selten, deshalb wollte ich die Familie und den Hof unbedingt kennenlernen!
Nachdem sich rausstellte, dass die Familie Von der Waydbrink für dieses Jahr leider keine(n) FÖJler(in) bekommen sollte, haben Josi und ich abgemacht, dass ich doch ein kurzes Schnupperpraktikum machen könnte.
Gesagt, getan – am 5. August 2013 saß ich im Zug von Köln nach Stralsund. Bis zum 23. August sollte ich bleiben. Als ich nach einer chaotischen Zugfahrt endlich in Stralsund ankam, stand Josi schon am Bahnsteig um mich abzuholen. Während der 15 minütigen Autofahrt zum Hof erzählte sie mir, wer zum Hofteam gehört und zeigte mir die vielen weitläufigen Weiden, die schon bald in Sicht kamen. Am Hof angekommen bekam ich noch eine kleine Führung und bezog dann meine eigene kleine gemütliche Wohnung mit Bad, Küchenzeile, großem Bett und Fernseher.
Schon am ersten Arbeitstag, der immer um 8 Uhr beginnt, war spektakuläres Programm angesagt: eine große Herde von Junghengsten und -wallachen sollte paarweise auf den Hänger verladen und auf eine abgelegenere Weide transportiert werden. Aber zunächst lernte ich Liz kennen, die grade in den letzten Wochen ihres FÖJ steckte und mir zeigte, was zur täglichen Runde gehört. Dabei machte sie mich auf die Besonderheiten der einzelnen Herden aufmerksam und gab mir zahlreiche Tipps. Außerdem überreichte sie mir einen selbstgestalteten Lageplan, auf dem sie mir das gesamte Hofgelände aufgezeichnet hatte (an dieser Stelle nochmal vielen Dank dafür! 😉 ). Der war eine große Hilfe, denn anfangs ist es nämlich gar nicht so einfach, sich auf dem weitläufigem Gelände mit den zahlreichen und großen Weiden zurechtzufinden und zu wissen, um welche Weide es sich handelt, wenn von „Schlumpfsbrücke“ oder „Kleinkorea“ die Rede ist.
Nach der morgendlichen Runde trafen wir uns alle am Häuschen, das den Kern des Hofs bildet, und besprachen das weitere Vorgehen. 16 Junghengste und -wallache sollten verladen werden. Obwohl alles sehr entspannt und geordnet ablief, war das doch eine – vor allem für die „Schieber“ – recht anstrengende Aktion, die den gesamten Vormittag bis zum Mittagessen in Anspruch nahm.
Das Mittagessen bildet einen zentralen Punkt auf dem Tagesplan: alle sitzen beisammen, planen die nächsten Tage, erzählen und auch Probleme oder Fragen können angesprochen werden. Beim anschließenden Kaffee (mit Keksen!) kann jeder seine Mittagspause in Ruhe ausklingen lassen.
Meinen Teil der Nachmittagsrunde hab ich dann schon allein erledigt.
In den folgenden Tagen standen noch weitere interessante Sachen an: mehrere Tage lang musste eine Jungstute, die in einer Herde etwas entfernt vom Hof stand, am Auge behandelt werden. Neben dem Auf-Abstand-halten der restlichen Herde war es besonders wichtig, die Medizin gekonnt im Auge zu „platzieren“. Ab dem zweiten Praktikumstag habe ich Liz einige Punkte der alltäglichen Runde abgenommen: ab jetzt gehörten die Gesundheitskontrolle einiger Herden, das Tränken und Füttern und die Regelung des Weidegangs einzelner Herden zu meinen Aufgaben. Später kam noch das tägliche Mineralisieren der Fohlenherden hinzu – da gab es immer viel zu sehen und zum Süß-finden!
Dass somit tatsächlich das Wohlergehen der Pferde ganz davon abhängt, wie gewissenhaft man seine Aufgaben erledigt, sollte einem bewusst sein. Eigenverantwortliches Arbeiten, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit zum Mitdenken sind also von großem Vorteil. Ausgestattet mit Handy, Stromprüfgerät, „Knuspis“, Tagesplan und Regenjacke sind aber alle anfallenden Aufgaben problemlos zu meistern. Lange Laufwege sollte man aber nicht scheuen, denn die Pferde leben sehr artgerecht auf fast unendlich erscheinenden Weiden.
Neben Junghengste verladen oder Jungstute behandeln gab es aber auch entspanntere Dinge zu erledigen wie die Reithalle wässern oder Pferdeäpfel auf einem kleinen Grünstück einsammeln. Mal habe ich Marinas Reitschülern beim Satteln und Trensen der Pferde geholfen oder einfach nur bei Reitstunden zugeschaut.
Wie versprochen hatte ich oft die Gelegenheit, bei der Jungpferdearbeit mitzuhelfen oder eine Reitstunde zu nehmen.
Zu Anfang habe ich Liz und Josi zugeschaut, wie sie bei der Arbeit mit den jungen Pferden vorgehen und auf welchem Stand jedes einzelne Pferd ist. Da Josi dann aber schon bald für ihren Trainer C Kurs in die Nähe von Hannover fuhr, habe ich Liz dabei unterstützt. Jedes Pferd wird seinem Ausbildungsstand gerecht gefördert und individuell behandelt. Neben der Mithilfe am Boden durfte ich eine erfahrenere Jungstute auch selbst longieren. Dabei habe ich gut merken können, wieviel Wert darauf gelegt wird, die feinen Reaktionen des Jungpferds zu erhalten und es zu einem möglichst entspanntem und fein zu reitendem Pferd auszubilden.
Außerdem bekam ich viele Reitstunden von Josi und Frau Waydbrink und hatte mehrmals die Gelegenheit, mit verschiedenen Pferden ins Gelände zu reiten. Von Josi bekam ich eine nette Stute anvertraut, die ich schon aus einer Reitstunde kannte und mit der ich dann selbstständig vom Boden aus arbeiten durfte. Das ist natürlich der Traum jeder Praktikantin 🙂
Ein großes Ereignis stand am Ende meines Praktikums an: die Fohlenschau mit anschließendem Jungzüchterwettbewerb!
Die Fohlenschau war eine sehr interessante Erfahrung. Nachdem wir die Fohlen mit ihren Müttern von der Weide in den Laufstall gebracht haben, wurde jedes Fohlen gechipt und entwurmt. Anschließend wurden die Fohlen einzeln vorgestellt. Dabei konnte man sehen, wie viel Qualität in der Zucht steckt – viele Fohlen waren wirklich ziemlich schick! Wir alle haben mitgeholfen, indem wir beispielsweise die Pferde auf den Platz führten oder die Aufgabe eines Treibers übernahmen.
Für den Wettbewerb haben wir alle viel geübt, mehrmals auch in der großen Gruppe. Die Leitung für diese Übungsstunden hat Frau Waydbrink mir übertragen, was mir großen Spaß bereitet hat. Außerdem konnte ich mit Windi, einer tollen Stute von Frau Waydbrink, selbst am Wettbewerb teilnehmen und habe dann auch noch den 2. Platz belegt. Schöner hätte das Praktikum kaum enden können!
Das Praktikum auf dem Hof der Familie von der Waydbrink war eine wunderbare Erfahrung! Das gesamte Team ist wie eine große Familie, von der jedes einzelne Mitglied das Hofleben bereichert. Es gibt für alles einen Ansprechpartner, sodass man sich als Praktikantin sehr gut aufgehoben und willkommen fühlt. Die gute Stimmung trägt auch viel dazu bei. Zwar gibt es immer einiges zu tun, sodass man sich nie überflüssig vorkommt, aber Stress kommt nie auf und es bleibt immer Zeit für Kaffeepausen und Plaudereien. Außerdem konnte ich meine Freizeit gut nutzen: wir haben einen Filmabend gemacht, waren mehrmals in Stralsund, ich habe die Uni von Greifswald gesehen und die Hansesail in Rostock besucht. Liz war dabei eine super Ansprechpartnerin, mit der die Arbeit immer Spaß gemacht hat. Da ich die meiste Zeit mit ihr verbracht habe, hat sie maßgeblich zu dieser tollen Praktikumserfahrung beigetragen! Das Praktikum auf dem Hof der Familie Waydbrink bleibt mir als total vielseitig in Erinnerung – und man kommt als Praktikantin wirklich viel zum Reiten und bekommt verantwortungsvolle Aufgaben übertragen, was ich so bisher noch nicht erlebt habe. Das war mein bisher schönstes Praktikum – vielen Dank dafür!